Bauen ist teuer. Ziemlich teuer. Schon seit Jahren steigen die Kosten auf dem Bau stark an. Hier im südlichen Baden-Württemberg ist mittlerweile unter 2500€ pro Quadratmeter Wohnfläche für ein schlüsselfertiges Haus auf Bodenplatte nur noch schwer etwas zu finden. Und das war vor der Materialknappheit in 2021 und der darauf folgenden Preisexplosion. Dazu kommen noch das Grundstück, Erdarbeiten, Außenanlagen, Garage, Gartenhaus, Notarkosten und so weiter. Auch wenn man auf einem günstigen Grundstück baut, die halbe Million reißt man mit dem Budget ganz schnell. Da liegt es natürlich nahe, als Bauherr nicht nur bauen zu lassen, sondern auch selbst anzupacken. Denn die Zeit und Arbeitskraft des Bauherrn kostet nichts 😉
Auch für uns stand natürlich die Frage im Raum, ob und wie viel wir selbst machen wollen. Eins vorweg, wir haben uns entschieden relativ wenig selbst zu machen. Dafür haben wir einfach zu wenig, was dafür spricht. Wenn man selbst was machen will, sollte man folgende Punkte bedenken:
Fachwissen
Kann ich das Gewerk überhaupt korrekt ausführen bzw. darf ich das überhaupt?
Wände streichen kann jeder, ordentlich tapezieren ist schon schwieriger und bei Innenputz hört es für Otto Normalheimwerker auf. Elektrik und Gas sind gefährlich, wenn sie inkorrekt ausgeführt werden. Fehler bei Sanitär verursachen teure Wasserschäden.
Koordination und Integration in den Bauablauf
Gewerke auf der Baustelle hängen typischerweise davon ab, dass das vorhergehende Gewerk bereits fertig ist. Bei Eigenleistungen muss man sich also gut mit der Baufirma koordinieren und an den vereinbarten Zeitplan halten. Das ist weniger ein Problem bei Gewerken, die am Ende des Bauablaufs kommen, z.B. Malerarbeiten. Aber wer mittendrin noch selbst ein paar Netzwerkkabel ziehen will, der muss sich gut koordinieren und pünktlich fertig sein. Sonst wird unter Umständen der nächste Trupp auf eine andere Baustelle geschickt. Da Baufirmen und Handwerker in der Regel gut ausgelastet sind, kann eine Woche Verzögerung bei Eigenleistung leicht einen Monat weitere Verzögerung verursachen.
Ein anderes Problem ist, wenn man auf Infrastruktur der Baufirma zugreifen muss. Bei vielen Baufirmen steht zum Beispiel das Streichen der Dachüberstände als Eigenleistung im Programm. „Streichen kann ja jeder …“ heißt es, um das dem Bauherrn schmackhaft zu machen. Problematisch ist daran, dass der Dachüberstand in 4-6m Höhe ist und man das also machen muss, solange das Gerüst der Baufirma noch steht.
Zeitbedarf
Rückt der Handwerker mit 3 Mann für eine Woche an, dann sind das 3 Mannwochen. Als Laie eher mehr. Mit „schnell mal nach Feierabend machen“ ist dann nichts mehr. Schnell geht da der komplette Jahresurlaub auf der Baustelle flöten.
Helfer
Das leitet nahtlos vom vorhergehenden Punkt über. Braucht ein Gewerk entsprechend Mannstunden ist es sinnvoll, wenn man Helfer hat. Bei vielen Aufgaben kommt man mit zwei Händen ohnehin nicht weit, da Dinge zu schwer oder sperrig sind, um sie einfach mal alleine zu transportieren. Die Helfer müssen aber auch entsprechend Zeit haben und die wenigsten Freunde, Cousins, etc. träumen davon ihren Urlaub auf der Baustelle zu verbringen.
Dazu kommt noch die BG Bau. Ist nicht nur der Bauherr auf der Baustelle tätig (oder der Ehepartner), sondern auch Freunde und Familie, dann müssen diese Helfer der BG Bau gemeldet werden. Die rechnet dann anhand eines fiktiven Arbeitslohns eine Gebühr aus. Dazu kommt die Bürokratie, die Helferstunden korrekt zu melden …
Material und Werkzeug
Nicht nur Arbeitszeit kostet, auch Material. Und oft braucht man mehr Material als man denkt. Um Wege zu pflastern, braucht es auch einen Unterbau. Verlegt man Laminat selbst, dann braucht man noch eine Trittschalldämmung, etc. Beauftragt man eine Firma ist alles schon eingerechnet, macht man es selbst, kann man leicht etwas übersehen und hat dann doch höhere Kosten als gedacht.
Bei vielen Aufgaben kommt man ohne Spezialwerkzeug nicht hin. Wer hat schon eine Deckenschleifmaschine oder einen Minibagger zu Hause herumstehen? Klar kann man das zum Beispiel im Baumarkt mieten. Aber wenn man es längere Zeit braucht, dann kostet das auch ordentlich was. Wieder ein Punkt, bei dem sehr leicht ungeplante Zusatzkosten kommen können.
Zeitbedarf allgemein
Ein Hausbau besteht nicht nur aus dem Bau an sich, sondern auch aus diversen Terminen, die damit zusammenhängen und Zeit fressen. Küchenhaus, Bemusterung von Fliesen, Böden und Sanitär. Präsenz auf der Baustelle zeigen. Und am Ende kommt ein Umzug, der auch einige Tage frisst. Irgendwann möchte man vielleicht auch noch Zeit mit der Familie verbringen. Und das alles neben einem Vollzeitjob …
Und bei uns kommt noch verschärfend hinzu, dass wir ein bisschen zu fahren haben. Mal schnell nach Feierabend auf die Baustelle ist eher ungünstig.
Unangenehme Arbeiten
Will ich das überhaupt machen? Es gibt Arbeiten, die kosten nicht nur Zeit, sondern sind auch unangenehm. Alles was an den Decken passiert, zum Beispiel die oben erwähnten Dachüberstände. Stundenlang über Kopf streichen ist sicher kein Spaß. Für den Maler auch nicht, aber der wird immerhin dafür bezahlt 😉
Fazit
Wir waren uns da anfangs auch unsicher, wie viel wir wirklich machen wollen und haben uns zum Beispiel die Fußböden im Angebot extra ausweisen lassen. Die Ersparnis war uns dann aber zu gering. Wir werden voraussichtlich die Endreinigung und den Umzug selbst machen und dann die Außenanlagen. Wobei ich zugeben muss, dass ich die Sache mit den Außenanlagen anfangs etwas unterschätzt habe … aber das ist ein Thema für einen anderen Post 😉
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