Gartenplanung Teil 3: Was ist im Naturgarten anders?

In Teil 2 hatte ich berichtet, wie es mich mit dem Naturgarten-Virus infiziert hat. Ein paar Dinge sind dabei aber so ganz anders als man sie gewohnt ist, hier mal diejenigen, die mir aufgefallen sind.

Die Pflanzenauswahl

Natürlich werden heimische Pflanzen verwendet und keine Exoten aus Übersee. Wobei das gar nicht so selbstverständlich ist. Viele Gärten machen einen auf naturnah, aber haben erstaunlich wenig einheimische Pflanzen. Teilweise muss man auch aufpassen. Statt einer heimisches gewöhnlichen Berberitze bekommt man im Gartencenter häufig die Thunberg-Berberitze, die ursprünglich aus Japan stammt. Beide sehen sich recht ähnlich, Tiere erkennen aber den Unterschied und weniger Tierarten nutzen die fremde Thunberg-Berberitze.

Auch Zuchtsorten von einheimischen Pflanzen werden tendenziell eher vermieden, denn durch Zucht wird der Genpool eingeschränkt. Man muss das aber nicht dogmatisch sehen und bei uns wird das auch nicht dogmatisch gehandhabt. Gerade bei Gehölzen bietet es sich an, Sorten zu nutzen, die lediglich eine gewisse Größe erreichen. Direkt neben der Einfahrt macht sich ein ausladender Baum mit 5m Höhe eher schlecht (und ist ohnehin verboten), da ist eine Zuchtform mit 1,5m Höhe vielleicht etwas besser geeignet. Spätestens beim Thema Obst kommt man ohnehin kaum um Sorten und Veredelungen herum.

Dynamische Pflanzungen

In den typischen Gartenbüchern wird ein Kunstwerk von Beet vorgestellt. Jede Pflanze hat ihren Platz, schön nach Höhe abgestuft und nach Farbe oder Blütezeit kombiniert. So wird mit vorgezogenen Pflanzen angepflanzt. Und so bleibt es dann auch das Ziel für die nächsten Jahrzehnte. Bei der Beetpflege ist darauf zu achten, dass die Pflanzen sich nicht versamen, nicht zu viele Ausläufer bilden. Kurz gesagt, sie sollen an dem Platz bleiben, wo der Künstler sie vorgesehen hat.

Ganz anders der Naturgarten. Veränderung ist hier Programm und bewusst vorgesehen. Frei nach dem Motto „die einzige Konstante ist Veränderung“. Aber das bedeutet natürlich nicht, dass man den Garten einfach sich selbst überlässt, sonst hätte man in einigen Jahren einen kleinen Mischwald ums Haus. Stattdessen geht es darum, eine natürliche Dynamik innerhalb des Standorts zuzulassen und nur wenig einzugreifen, z.B. wenn eine Art überhandnimmt.

Zusätzlich zur Pflanzung wird mit Einjährigen eingesät, um die Lücken zu füllen und Unkraut zu unterdrücken. Die können sich zwar mangels freiem Boden eher schlecht versamen und verschwinden irgendwann. Dafür setzen sich dann andere Arten durch, vor allem Mehrjährige. In Hecken werden Säume eingesät, die am Anfang durchaus auch einen 50cm Busch überragen können. Mit den Jahren wächst der aber und erzeugt einen Schatten, der den Standort verändert. Und die Pflanzen sortieren sich nach Standorten.

Eine statische Pflanzung mit viel freiem Boden. Da freut sich das Unkraut und der Gärtner hat viel zu tun

Die Vorteile, die ich sehe: weniger Arbeit. Alles immer in einem Zustand zu halten, ist unnatürlich und macht viel Arbeit. Das organisierte Chaos kann oft einfach im Frühjahr mit der Motorsense geschnitten werden und fertig.

Magere Standorte

Ein Punkt, den ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Was ist so toll an Boden, der kaum Nährstoffe enthält? Aber viele Pflanzen kommen damit besser zurecht als auf nährstoffreichem Boden und – fast der wichtigere Teil – viele Allerweltspflanzen und Unkräuter kommen damit eher nicht so gut zurecht, während sie auf nährstoffreichen Böden alles verdrängen.

Eine Blumenwiese war wohl geplant, aber Brennnesseln und Gras setzen sich durch…

Also, statt überall Mutterboden drauf, kann man auch mal mit etwas sandigem oder kiesigem Boden arbeiten. Auch Schotter scheint gut zu funktionieren. Für uns konkret ist nährstoffarm aber immer auch damit verbunden, dass wir nicht mit unserem Boden arbeiten können. Denn unter dem Mutterboden haben wir lössführende Fließerde, also eher nährstoffreich. Massenhaft Sand und Kies anfahren will ich aber auch nicht, das ist nicht nur teuer, sondern auch gegen das Grundstück gearbeitet. Entsprechend werden magere Standorte eher auf Bereiche beschränkt sein, in denen ohnehin mit drainagefähigem Material gearbeitet werden muss, z.B. an den Traufstreifen und hinter Stützmauern.

Offene Übergänge

Rund um die Pflasterfläche kommt ein betonierter Randstein, schließlich soll alles an seinem Platz sein und bleiben. Um den Spritzschutz am Haus natürlich auch. Und um den Rasen legt man eine Rasenkante, damit der Mäher auch gut an den Rand kommt. Nicht so im Naturgarten.

Denn statt dem Randstein lässt sich auch ein Bankett aus Schotter anlegen und als Blumen-Schotter-Rasen einsäen. Auch das überstehende Schotterfundament von Trockenmauern wird einfach eingesät und nicht unter einer Rasenkante versteckt. Pflasterflächen schließen nicht in einer geraden Linie mit jeder Menge Schnittscheinen ab, sondern laufen ins Bankett aus. Man spart sich beim Pflastern also eine Menge Arbeit und die Übergänge wirken weicher.

Fugen und Beläge

Wo wir schon beim Thema Pflaster sind … der Naturgarten scheint deutlich weniger zu pflastern. Einfahrten eher nicht. Wege manchmal. Oft tut es auch Blumen-Schotter-Rasen. Wo man nicht hintritt oder fährt, wächst etwas.

Dafür sind die Pflasterflächen doch etwas aufwändiger. Meistens unregelmäßiger Naturstein und dadurch bedingt sehr große Fugen. Und die Fugen werden natürlich nicht mit dem Brenner von Bewuchs freigehalten, sondern dürfen bewachsen.

Lebende Zäune

Zäune aus Metall findet man im Naturgarten eher selten. Solche aus Holz schon häufiger, gerne auch in lebendig. Und damit sind jetzt nicht nur Hecken gemeint. Auch aus Weidenruten lässt sich ein Zaun flechten und wenn man den fleißig wässert, treibt er sogar neue Wurzeln aus. Faszinierend, nicht nur für kleine Kinder. Da fange ich doch glatt an einen Zaun nur dafür einzuplanen 😉

Geländemodellierung und erhöhte Beete

Geländemodellierung wird natürlich überall betrieben und oft ist sie auch nötig. Aber beim Lesen beschleicht mich manchmal das Gefühl, dass das etwas auf die Spitze getrieben wird. Oder einfach die Ebene zu langweilig war …

Auf der anderen Seite hat Geländemodellierung auch ihre Vorteile. Auf unserem Lehmboden können wir nur durch Erhöhung einen Trockenstandort schaffen, der natürliche Boden taugt eher zum Sumpfbeet. Das lässt sich übrigens auch bauen, wenn man das Wasser in einer Ecke sammelt 😉

Eine Hecke kann bei gleicher Höhe viel mehr verstecken, wenn man sie auf einen Wall setzt. Auch der Schatten wird größer, wenn man ein Gehölz nach oben versetzt. Und mit einem kleinen Wall kann man auch super einzelne Teile des Gartens voneinander trennen.

Ein anderer Aspekt ist der geänderte Blickwinkel. Statt immer nur von Oben auf ein Beet zu schauen, ist man bei erhöhten Beeten etwas näher dran. Und kleine Kinder können nicht einfach ins Beet rennen und alles zertrampeln, sondern müssen dazu hochklettern 😉

Spielbereiche

In vielen Gartenbüchern kommen Spielbereiche kaum vor, dabei sind doch ausgerechnet Kinder für viele Menschen der Grund in ein Haus mit Garten zu ziehen. Anders im Naturgartenbau Buch. Hier beschäftigt sich ein komplettes Kapitel nur mit Spielplätzen, Schulhöfen und Kindergärten. Natürlich wird da auch viel gezeigt, was für einen Privatgarten eher zu groß ist. Aber danach sieht man jeden Spielplatz mit anderen Augen.

Für eine Rutsche zum Beispiel wird im Naturerlebnisgarten nicht einfach frei stehend ein Turm ins flache Gelände gebaut. Eine Rutsche führt natürlich einen Hügel runter. Und wenn kein Hügel vorhanden ist, wird eben der Aushub von anderer Stelle genutzt, um einen Hügel zu schaffen. Auf den Hügel darf dann auch gerne eine kleine Kletterstrecke führen und nicht nur ein einfacher Weg.

Naturnaher Spielbereich im Garten, Version 0.1

Zwiebelblumen

Ohne die Bücher wären Zwiebelblumen wohl an mir vorbeigegangen. Klar kennt man Schneeglöckchen, Narzissen und co. Aber die Art wie sie im Naturgarten eingesetzt werden ist doch etwas anders. Dort wird nämlich nicht gekleckert, sondern geklotzt. 10-20 Stück pro Quadratmeter sind immer die Empfehlung in Pflanzplänen. Und die nicht in Pulks konzentriert, sondern frei über die ganze Fläche verteilt. Manche Zwiebeln sind auch zum Verwildern geeignet, dann soll sich nach einigen Jahren oder eher Jahrzehnten ein dichtes Netz von Zwiebelblumen über die Flächen spannen. Die Bilder sehen jedenfalls super aus.

Unkrautfreie Böden

Für mich persönlich der größte Gewinn der ganzen Sache. Denn eigentlich will ich ja gar nicht so viel Arbeit mit dem Garten haben und darauf ständig zu grasen (für Norddeutsche: Unkraut jäten) habe ich schon gar keine Lust.

Zum Thema Unkraut gibt es ja schon einige Ansätze. Neben der Chemiekeule (nicht in meinem Garten) ist das vor allem die Bodendeckung, z.B. durch Mulch. Blöd nur, dass das Unkraut oft trotzdem kommt. Und der Mulch natürlich auch die gewünschten Pflanzen behindert (Stichwort Lichtkeimer), entsprechend ist dann eher wenig mit Ansaat und stattdessen muss man Sämlinge einsetzen. Teuer für den Geldbeutel, wenn die alle aus der Gärtnerei kommen.

Laut Witt liegt das Problem im Boden. Mutterboden ist häufig mit Unkräutern verseucht, die nur darauf warten, dass endlich mal wieder die Oberfläche frei wird. Und schon arbeiten sich Quecke und co durch. Seine Lösung besteht aus zwei Schritten. Zum einen wird Mutterboden nicht für anspruchsvolle Bereiche genutzt, sondern unkrautfreier Kompost. Denn bei der Kompostierung im großen Maßstab erhitzt sich der Kompost so stark, dass Unkrautsamen nicht überleben. Zum anderen wird der Kompost sofort nach dem Einarbeiten flächendeckend eingesät, damit Unkräuter keine konkurrenzlosen Freiflächen vorfinden, wenn sie der Wind ins Beet weht.

Ist Mutterboden wirklich so schlimm? Ein Blick zum Erdhaufen des Nachbarn…

Ich gebe zu, ich tue mir mit dem Gedanken Mutterboden mehr oder weniger zu ignorieren auch etwas schwer. Das Ganze bricht sehr stark mit den üblichen Konventionen und auch mit den Vorschriften im Bebauungsplan, die vorsehen, dass man den „guten Mutterboden“ wieder einbaut. Wohin also damit? Hier bieten sich zwei Lösungen an:

Zum einen die Burri-Methode. Kurz gesagt, die meisten Unkräuter mögen es nicht, wenn man sie regelmäßig abmäht. Für einen Blumenrasen, der alle 3 Wochen gemäht wird oder eine Blumenwiese mit 2-3 Schnitten im Jahr kann man also auch mit Mutterboden arbeiten. Vorher wird der Boden noch mehrfach gefräst, um Unkraut zu zerstören und eventuell lässt man das Unkraut vor der Einsaat auflaufen, sprich keimen und fräst dann noch mal. Entscheidender Punkt bei der Burri-Methode ist aber, dass man nach der Keimung einen Pflegeschnitt macht, der die Unkräuter schneidet, bevor sie sich versamen können. Die meisten Wildkräuter scheinen sich wohl vorher zu versamen, sodass sie sich mittelfristig gegen die Unkräuter durchsetzen.

Die andere Lösung ist der sogenannte Erdkern. Da viel mit Geländemodellierung gearbeitet wird, kann man den Kern der Hügel und Wälle auch mit Mutterboden bauen und das dann mit einem unkrautfreien Substrat abdecken. Darauf gepflanzte Bäume haben dann eine sehr gute Nährstoffversorgung, da die Wurzeln ja mitten im Humus stehen. Ich muss dazu sagen, dass das Verbuddeln von Humus nicht ganz unumstritten ist. Aber bevor man den Boden abfährt, erscheint mir das schon als bessere Lösung.

Wir werden vermutlich mit beiden Methoden arbeiten. Für Flächen mit Blumenrasen ist die Methode super, da der ohnehin alle 3-4 Wochen gemäht wird. Auch für Bereiche mit einer zweifach gemähten Blumenwiese geht es noch. Und je nachdem was an Unter- und Mutterboden übrig bleibt, wird auch damit modelliert. Mir fällt es aktuell noch etwas schwer, den Erdhaufen auf dem Grundstück verteilt vorzustellen. Ein Kubikmeter sind schon ein knappes dutzend Schubkarren voll, das reicht aber für gerade einmal 4 Quadratmeter mit 25cm Höhe.